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line_in *** Neue Musik Territorien ****** Festival *** Leipzig *** 10. bis 12. Dezember 2004 Im Zuge der Formation neuer kultureller Territorien muss sich auch die Musiklandschaft neu strukturieren. Musikformen, die während des Kommunismus noch als widerständig galten, scheinen mit dem Fall des Eisernen Vorhangs inhaltsleer. Gleichzeitig werden neue Grenzen spürbar. Man sieht sich konfrontiert mit den Ausschlussmechanismen der kapitalistischen Marktwirtschaft. Das Festival line_in, ein Kooperationsprojekt der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig im Rahmen von Kulturelle Territorien mit Susanna Niedermayr von der Kulturplattform line_in:line_out (Wien), präsentiert Musiker, die in diesem Spannungsfeld nach einer neuen Musiksprache suchen, die mit ihrer Arbeit auf die veränderten Bedingungen reagieren und dabei neue Musik Territorien aufspannen. (Adressen zu den Veranstaltungsorten und Eintrittspreise >> im Anschluss an das Programm am Ende dieser Seite.) *** Freitag, 10.12. 21 Uhr, Cafe Grundmann: Das kleinbürgerliche
Kammerorchester Pozon Sentimental (Bratislava) Marek Piacek:
Flöte Pozon Sentimental versuchen in ihrer Musik, der Name verweist bereits darauf, eine alte Atmosphäre wiederzubeleben. Das Ensemble greift die reichhaltige kulturelle Tradition von Bratislava auf - auch Pressburg, Presporok und eben Pozsony genannt; letzteres ist der ungarische Name der Stadt. Neben der Musik zeitgenössischer KomponistInnen aus Bratislava, oftmals extra für Pozon Sentimental geschrieben, widmen sich die Musiker auch der Aufführung von Werken, die von Komponisten geschrieben wurden, die im damaligen Pozsony lebten und arbeiteten. Im Sinne des Genius Loci soll hier neue Musik entstehen, so Marek Piacek. Was Pozon Sentimental versuchen würden, sei eine ästhetische Rückkehr zu der ursprünglichen Funktion von Musik. Eine unmittelbare musikalische Erfahrung soll ermöglicht werden, die von intellektueller Beurteilung unbeeinflusst ist. Da kann es auch schon mal passieren, dass sich ein Song von Michal Jackson in das Repertoire von Pozon Sentimental verirrt. "Wenn wir einen Song von Michal Jackson spielen", so Marek Piacek und Peter Zagar, "dann verwandeln der durch unsere Instrumente gegebene Kontext und der mitteleuropäische Bezugsrahmen den Song in ein völlig neues Stück mit einer Aussage, die sich von der ursprünglichen komplett unterscheidet. Dasselbe trifft auch auf ein romantisches Stück zu, das dadurch neue Bedeutung annimmt und zu einem vollkommen eigenständigen Werk wird." Das Cafe Grundmann, das letzte echte "Wiener Cafe" in Leipzig, das jahrelang ein wichtiger Treffpunkt der Leipziger Kunst- und Kulturszene war, bietet hierfür den idealen Rahmen. *** 23 Uhr, Weezie / Club im GfZK-Neubau: Mitch
& Mitch (Warschau) Mitch:
Gitarre, Gesang Mit ihrer Persiflage auf Country & Western nehmen Mitch & Mitch aus Warschau den in Polen grassierenden Amerikanismus gehörig aufs Korn. "So
who the fuck are they? http://www.mitch-and-mitch.com/ *** 24 Uhr, Weezie / Club im GfZK-Neubau: TKRST
(Sofia) Todor Krst: Computer, Elektronik Tkrst macht moderne bulgarische Tanzmusik, jedoch jenseits der plakativen Verwendung traditioneller Streich-Instrument-Samples. Die Basis für die Soundstudien von Tkrst bildet ein 1000 Seiten schweres Buch voller alter bulgarischer Volkslieder. Tkrsts Obsession besteht nun darin, die rhythmischen und melodischen Strukturen, die der bulgarischen Volksmusik zu Grunde liegen, in zeitgenössische elektronische Musik zu übertragen. Die bulgarische Volksmusik sei reich an Bedeutungen und Semantiken, so Tkrst, die man leicht auf elektronische Musik übertragen könne. "Genau das versuche ich zur Zeit. In der bulgarischen Volksmusik gibt es viele harmonische und rhythmische Strukturen, die in Vergessenheit geraten sind. Ich wollte sie abstauben und wiederbeleben. Wenn ich es schaffe, meine Musik im Westen ein bisschen populärer zu machen, dann werden die Leute dort verstehen, dass bulgarische Musik sehr tanzbar ist. Sie werden verstehen, dass die bulgarische Volksmusik nicht nur um das Phänomen der bulgarischen Stimmen kreist. Es liegt mir viel daran, denn sonst wird Folkpop die ursprüngliche bulgarische Volksmusik einfach verschlucken. Das wäre Mord! Schon heute glauben viele Bulgaren, dass Folkpop die ursprüngliche bulgarische Volksmusik ist und das finde ich sehr schade." *** Samstag, 11.10. 18 Uhr,
GfZK: Neue Musik für eine neue Gesellschaft. Auf der Suche nach der gesellschaftlichen und politischen Funktion neuer und experimenteller Musik nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Diskussion mit der Kuratorin und den beteiligten Künstlern.
Territerrortorium Am Samstag dockt line_in an die Schaubühne Lindenfels an. Mit der richtigen Mischung aus Ernst und Unernst rücken zu Beginn des zweiten line_in Festivalabends der Psykotroniker Felix Kubin, auch Begründer und Labelbetreiber von Garagrin Records, und Wojt3k Kucharczyk, Mastermind von Mik.Musik.!., mit ihrem gemeinsamen Hörspiel Territerrortorium die angespannten deutsch-polnischen Verhältnisse in den Brennpunkt ihrer musikalischen Auseinandersetzung. "Felix Kubin und Wojt3k Kucharczyk verbindet eine gemeinsame Leidenschaft für Lärm, digitale Kaputtniks und schrägen Elektro-Pop. Im Durchdringungslabor des Syndikats für Gegenlärm lösen sie die Grenze zwischen Deutschland und Polen auf, um sich eine Klangschlacht im Niemandsland zu liefern. Beim Plündern des landeseigenen Kulturmülls wird alles, das sich akustisch äußert, als Akteur auf die Bühne internationaler Verständigung losgelassen, von der singenden Ampelanlage über slawisches Hundegebell bis hin zur Nationalhymne ohne Tretlager. Im deutsch-polnischen Wald toben die Vorurteile. Doch Kucharczyk und Kubin handeln eher im Sinne des Punk als der Diplomatie: Erst schreien, dann nichts bereuen." (Felix Kubin & Wojt3k Kucharczyk) http://www.gagarinrecords.com/ Dank an DeutschlandRadio Berlin und ORF Ö1 Kunstradio, die Territerrortorium produziert haben. 22 Uhr, Schaubühne Lindenfels: Abstract
Monarchy Trio (Budapest/Wien) Zsolt Kovacs:
Gitarre, Elektronik, Objekte Ein Entstehenlassen von fragilen Klangsituationen - das betont sparsame Gestalten von Klängen und Geräuschen, das der Stille als Form gebendes Element einen zentralen Platz einräumt - kennzeichnet das Spiel des Abstract Monarchy Trios, das mit seiner Musik ebenfalls auf eine alte kulturelle Tradition verweist: Das Abstract Monarchy Trio, das gemeinsame Projekt des in Wien lebenden Trompeters Franz Hautzinger und der beiden Budapester Experimentalmusiker Zsolt Kovacs und Zsolt Söres, ist eine der ersten österreichisch-ungarischen Zusammenarbeiten im Bereich der metaimprovisierten Musik. Das Wort Monarchie im Namen des Trios nimmt aber nicht nur auf die österreichisch-ungarische Geschichte Bezug, sondern steht auch für "Einzelherrschaft" und "Ursprünglichkeit" und verweist damit auf die ästhetische Herangehensweise des Trios, die in der Form der Echtzeitkomposition ihren unmittelbaren Ausdruck findet. "Der Gebrauch der Klangmaterialien geschieht unter dem Einfluss der momentanen Situation und führt in einem langen meditativen Prozess zu einem intimen, sinnlichen Ganzen. Dieses Ganze kann dann auch als Re-Interpretation von John Cages Landscape music gelesen werden." (Abstract Monarchie Trio) 23 Uhr, Schaubühne Lindenfels: Belgradeyard
Sound System (Belgrad) Relja Bobic:
Computer Das
Belgradeyard Sound System, das Projekt von Goran Simonoski und Relja
Bobic, hat in den letzten Jahren immer mehr internationale Aufmerksamkeit
erlangt. Belgradeyard Sound System ist DJ Kollektiv, Musikproduktion,
Radioshow und Event-Maschinerie, in letzterer Funktion unter anderem
auch Veranstalter des renommierten Festivals Dis-patch für anspruchsvolle
elektronische Musik, das diesen Oktober zum dritten Mal in Belgrad stattfand.
"Dont give people what they want, give them what they need",
schreiben die beiden Vertreter des Belgradeyard Sound Systems in ihrem
Manifest. Goran Simonoski und Relja Bobic haben Sendebewusstsein. "Letztendlich
wollen wir mit unserer Radiosendung auf B92, unserem Festival und auch
mit unseren Live-Auftritten einen aufgeschlossenen Zugang zu Musik-Konsum
und vor allem auch zu Musik-Produktion propagieren", so Relja Bobic.
Eines der größten Probleme in Serbien Montenegro sei nämlich,
dass die meisten Leute dort noch immer in Genres denken und alles in
eine Schubladen pressen würden. *** Sonntag, 12.12. 21 Uhr, Weezie / Club im GfZK-Neubau: Orbita
& Jevgeniy Droomoff (Riga) Sergei
Timofejev (words, sounds) "In gewissem Sinn sind wir - die heute so um die Dreißigjährigen - Pioniere", skizziert Sergei Timofejev die Lage seiner Generation. Ihre Kindheit haben sie unter einem damals noch kommunistischen System verbracht und als sie dann Anfang der 90er Jahre alt genug waren, ihr Leben selber in die Hand zu nehmen, sahen sie sich plötzlich mit dem Kapitalismus konfrontiert, mit einer politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Ordnung, mit der in Lettland damals niemand Erfahrung hatte. In einer kunstvollen Verschränkung von Wort, Bild und Sound präsentieren Orbita ihre Gedichte und Essays, die vom Leben in der neuen Gesellschaft erzählen; und vom Leben als Russe in Lettland. Orbita wurde 1999 von fünf russischstämmigen Dichtern gegründet - ursprünglich als Text-Band, in Anlehnung an das Konzept der Rock-Band - schon bald aber war Orbita zu einem Multimediaprojekt herangewachsen. Ihre außergewöhnlichen Lesungen, etwa von Booten am Fluss Daugava aus oder von der Spitze des Fernsehturms in Riga, immer in engem Zusammenspiel mit Video und Musik, machten Orbita zu einem mittlerweile auch viel beachteten Veranstalter. *** 23 Uhr, Weezie / Club im GfZK-Neubau: Susanna
Niedermayr (Wien) Zum Abschluss wird die Kuratorin des Festivals line_in, Susanna Niedermayr, selten gehörte Musik präsentieren, die sie im Zuge ihrer Recherchereisen nach Ungarn, in die Slowakei, nach Slowenien, Polen, Bulgarien, Kroatien, Litauen, Rumänien, Serbien Montenegro, Estland, Lettland und nach Tschechien in den letzten vier Jahren zusammengetragen hat. Susanna Niedermayr: Studium der Bildenden Kunst und Politikwissenschaft. Von 1995 bis 2000 Mitglied der WochenKlausur. Seit 1996 Redakteurin, Moderatorin und Webdesignerin für den ORF (Ö1, FM4). Weiters Veröffentlichung von Texten in diversen Publikationen und Tätigkeit als Veranstalterin, Konsulentin und Kuratorin. 2002 Gründung von line_in:line_out. Koautorin von Im Osten und Europäische Meridiane. Neue Musik Territorien in Europa. (PFAU, 2002/2003). Lebt und arbeitet in Wien. *** Adressen der Veranstaltungsorte: Cafe
Grundmann: GfZK
Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig / Weezie / Club
im GfZK-Neubau: Schaubühne
Lindenfels: *** Eintrittspreise: 21:00 Pozon
Sentimental 23:00 Mitch
& Mitch 11.12. 21:00 Territerrortorium *** Das Festival line_in ist der zweite Teil des Festival für zeitgenössische Musik Leipzig. Der erste Teil dieses Festivals unter dem Titel Grenzregionen (2. bis 6. Dezember 2004) wird von Thomas Christoph Heyde (Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig) kuratiert. >> http://www.herbstfestival.com. *** Medienhinweis: Sendung über Grenzregionen und line_in - 16.12.2004,
20-22.00 Uhr, MDR Figaro *** Kulturelle Territorien ist ein Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes in Kooperation mit der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig. ***
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